Das digitale Bautagebuch im Handwerk – wer muss, wer profitiert?

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Arbeiter mit Tablet auf Baustelle

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Der Begriff „Bautagebuch“ ist nicht klar definiert. Verschiedene Rollen im Rahmen eines Bauvorhabens lösen daher auch ein meist unterschiedliches Verständnis zum Bautagebuch aus. Bei rein privaten Bauherren dient die Führung eines Bautagebuchs dem eigenen Interesse. Er behält den Überblick darüber, wer wann was auf der Baustelle getan hat, wie lange dafür benötigt wurde, welche Materialien verbaut wurden. Sinnvoll ist hier die Ergänzung mit Fotos von Situationen und Dokumenten. Zur Führung eines Bautagebuchs ist ein privater Bauherr allerdings nicht verpflichtet.

Bei gewerblichen oder öffentlichen Auftraggebern sieht das anders aus. Hier dient das Bautagebuch der „Minimierung terminlicher und finanzieller Risiken“. Wenn also etwas schiefgeht, Termine oder Kosten aus dem Ruder laufen, kann der Auftraggeber (oder der in seinem Auftrag Handelnde) beispielsweise gegenüber Auftragnehmern oder Finanzierungspartnern Nachweise zum Verschulden der Situation erbringen.

Die Führung eines Bautagebuchs bei öffentlichen Auftraggebern hat unter Umständen nach den speziellen Vorgaben wie der Richtlinie 411 der Vergabeordnung des Bundes zu erfolgen. Unser Tipp: In dieser Richtlinie ist aufgeführt, welche Angaben das Bautagebuch in welcher Form enthalten sollte – egal ob auf Papier oder digital. Eine schöne Vorlage auch für Sie!

 

Bautagebuch, Bautagesbericht oder Baustellenprotokoll?

Sie sollten das Bautagebuch nicht mit dem Bautagesbericht oder dem Baustellenprotokoll verwechseln. Sie unterscheiden sich folgendermaßen:

  • Das Bautagebuch ist immer zu führen, außer bei wenigen privaten Projekten. Zuständig dafür ist der Architekt oder der Bauleiter. Dokumentiert wird hier der Baufortschritt bzw. -ablauf.

  • Der Bautagesbericht dient der Dokumentation des Bauauftrags. Zuständig dafür ist der Bauleiter der ausführenden Baufirma. Verpflichtend ist es nur, wenn dies so in den Vertragsbedingungen nach VOB-ZVB vereinbart wurde.

  • Das Baustellenprotokoll bzw. der Tagesbericht ist fakultativ und wird von der Baufirma geführt. Hier werden Zeit-, Material- und Maschinenaufwände dokumentiert.

Es gibt keine Vorschrift für die Form des Bautagebuchs. Es kann beispielsweise von Hand mittels einer (Papier-)Vorlage, mit dem Computer in einem Text- oder Tabellendokument oder – die digitale und somit beste Lösung! – mithilfe einer App täglich ausgefüllt werden.

 

Bautagebuch – Teil der digitalen Bauakte

  • Als Handwerker sind Sie nicht zum Führen eines Bautagebuchs verpflichtet. Allerdings steht Bauherren die jederzeitige Herausgabe von Bauunterlagen zu. Dazu gehören beispielsweise Wärmeschutznachweise. Wenn Sie hier eine detaillierte Aufzeichnung Ihrer Arbeiten, der eingesetzten Materialien und der zugehörigen Dokumente digital anlegen, erleichtern Sie sich diese Aufgabe und bieten Ihrem Kunden einen schnellen und lückenlosen Service.

  • Sie sind als ausführender Handwerker ohnehin gut beraten, ein (digitales) Bautagebuch als Organisationshilfe zu nutzen und gleich zu einem wesentlichen Teil Ihrer digitalen Bauakte zu machen. Sie haben dann sämtliche Informationen, auch zu nachträglichen Vereinbarungen, Wetterbedingungen oder von Dritten verursachten Mehrarbeiten bzw. Schäden, immer und überall auf einen Blick verfügbar.

  • Natürlich helfen wie immer Fotos bei der Dokumentation auftretender Mängel, bei der Illustration von Projektmappen für den Kunden nach Abschluss der Arbeiten oder für die Neukundenakquise.

Ob der Bauleiter, der Architekt, der Bauingenieur oder Sie als Handwerker ein Bautagebuch in welcher Form führen, wird im Vertrag schriftlich geregelt. Enthält der Vertrag einen Hinweis auf die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), ergibt sich meist die Verpflichtung zur Grundleistung der Dokumentation des Bauablaufs (§34 und §39 HOAI). Die genaue Art der Dokumentation ist hier nicht festgelegt.

 

Bautagebuch – die (bessere) digitale Alternative

Die beste Vorgehensweise besteht darin, mit einer professionellen Software und/oder per App das Bautagebuch quasi nebenbei und automatisch entstehen zu lassen. Sie haben dann jederzeit einen strukturierten und übersichtlichen Bericht – zu Ihrer eigenen Sicherheit und als Service für Ihren Kunden – zur Verfügung.

Wenn Sie Ihr Bautagebuch digital führen, haben Sie zahlreiche Vorteile. Dazu gehören beispielsweise

  • verminderter Zeitaufwand: Daten, Dokumente, Kommunikationsvorgänge und Fotos sind jederzeit und überall verfügbar. Sie müssen Ihre Baustellendaten nicht manuell im Büro erfassen (lassen).

  • Automatisierung von Arbeitsabläufen: Daten können automatisiert erfasst und dokumentiert werden. Dazu gehören Wetterdaten, Stammdaten von Kunden und Kollegen-Unternehmen.

  • zentrale Erfassung aller Informationen: Die aufwendig zu pflegende und fehleranfällige Papierablage entfällt.

  • digitale Funktionen ohne Medienbrüche: Mit dem Smartphone oder Tablet können Sie alles fotografieren, was nicht als Daten automatisch erfasst wird – also beispielsweise Lieferscheine, Situationen etc. Sie können die Fotos einfach beim Projekt speichern. Ihre Anmerkungen können Sie diktieren, die Umwandlung in Text erfolgt bei Nutzung einer entsprechenden App automatisch.

Wie immer gilt auch hier: Lassen Sie sich die Einhaltung der DSGVO-Vorschriften durch den Anbieter der von Ihnen genutzten Software- und Cloud-Dienstleistungen im Vertrag schriftlich zusichern!

 

(Erstveröffentlichung: forum handwerk digital, 02/2022)