Praxisbeispiel: Florian Buchfink entwickelt eigene digitale Werkzeugverwaltung!
Die Buchfink GmbH mit Sitz in Schwandorf hat ihre Unternehmensschwerpunkte in der Installation und Wartung von Sanitär- und Heizungsanlagen. Dazu zählt der Tausch von Kesselanlagen sowie der Aufbau und die Sanierung haustechnischer Anlagen in der Industrie und bei Ein- und Mehrfamilienhäusern. Ein weiterer Bereich ist die Spengler-Abteilung. Zu den Schwerpunkten gehören hier die Fassadenverkleidung mit Metall, Metalldächer sowie Folienbedachungen. Das Team besteht aus zehn Mitarbeitern im Büro und 22 Monteuren.
Ein hoher Qualitätsanspruch und der Mut, Innovationen auszuprobieren und zu adaptieren, wurden bei Buchfink von Generation zu Generation gelebt und weitergegeben. Florian Buchfink gehört zur fünften Generation in diesem traditionellen Handwerksbetrieb, der seit 1900 besteht. In seiner eigenen IT-Firma Bavaria Systems GmbH entwickelt er praxisorientierte Software-Lösungen fürs Handwerk, die er schon in den Frühphasen im eigenen Betrieb auf Herz und Nieren testet.
Als „programmierender Handwerker“ nutzt Buchfink so die Möglichkeit zu prüfen, ob seine Entwicklungen den Anforderungen des Tagesgeschäfts wirklich standhalten. Erst dann werden sie auch an weitere Betriebe ausgerollt. Diese Kombination von Programmierern und Handwerkern unterscheidet ihn stark von anderen Marktteilnehmern im Bereich der Software-Entwicklung für die Handwerksbranche.
Wir sprachen mit Florian Buchfink über Digitalisierung, deren Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit, den Einsatz cloudbasierter Lösungen und den praktischen Nutzen (s)einer digitalen Werkzeugverwaltung im Tagesgeschäft.
Herr Buchfink, wann und in welchem Arbeitsbereich sind in Ihrem Unternehmen die ersten Schritte zur Digitalisierung eingeleitet worden?
Grundsätzlich hat dies schon vor knapp 30 Jahren begonnen mit dem Aufstieg der Computer. Mein Vater hat direkt nach seinem Studium als einer der ersten Handwerker die ersten Firmen-PCs angeschafft, die damals schon mit eigenen kleinen selbst geschriebenen Rechenprogrammen den Arbeitsalltag unterstützten.
Als ich vor knapp zehn Jahren dann mit Anfang zwanzig aktiv in die Firma eintrat, fielen mir in meiner ersten Zeit auch einige täglich händisch ausgeführte Abläufe auf, die sich auf die eine oder andere Weise immer wiederholten. Kurz darauf habe ich begonnen, einen Großteil dieser Abläufe digital abzubilden.
Welche Bedeutung haben Software und mobile Apps für die Wirtschaftlichkeit Ihres Betriebs heute?
Eine sehr große! Um heutzutage schnell und dadurch zeitsparend agieren zu können, ist es wichtig, auf schnellstem Wege alle betriebsbezogenen Informationen zu erhalten. Durch mobile Apps ist dies kein Problem mehr.
Welche Arten von Software kommen in Ihrem Betrieb heute zum Einsatz und wie arbeiten Sie und Ihre Mitarbeiter damit?
Wir nutzen immer mehr webbasierte Lösungen, da hier die Wartung der eigentlichen Software entfällt. Auch die Stabilität sowie das Nutzen verschiedener Gerätetypen zur selben Zeit sind wesentlich komfortabler und sehr unkompliziert.
Wer hat in Ihrem Unternehmen die Digitalisierung gestartet und verantwortlich umgesetzt? Welche Kompetenzen waren hierfür vorhanden bzw. wie wurden diese erarbeitet?
Der hauptsächliche Initiator und Treiber bin ich selbst. Ich habe ein abgeschlossenes Studium im Bereich der Haustechnik und bin seit zwölf Jahren leidenschaftlicher Programmierer. Für viele Dinge, die ich tagtäglich im Tagesgeschäft feststelle, gibt es leider noch keine digitalen Lösungen, die einen praxisorientierten Ansatz verfolgen.
Die Fähigkeit, solche Lösungen dann selbst zu programmieren, hilft mir dabei enorm. Ich selbst bin dann der Einzige, dem ich das Problem erklären muss, für das ich eine Lösung benötige.
Welche Gründe hatten Sie für die Digitalisierung von Arbeitsprozessen?
Die Standardisierung! Bei dem Wort Digitalisierung wird eines immer gern vergessen: dass die Voraussetzung jeder Digitalisierung mit einer Standardisierung einhergeht. Als Programmierer lernt man schnell, dass man nur etwas skalieren und verbessern kann, wenn man ein Standardschema definiert.
Es ist oft nicht das teure Programm oder die einzigartige Software, die Arbeitsprozesse spürbar verbessert. Vielmehr ist es die durch die Software erzwungene Festlegung von Entscheidungen: Wann und auf welche Art und Weise soll ein Prozess ablaufen.
Es ist oft nicht das teure Programm oder die einzigartige Software, die Arbeitsprozesse spürbar verbessert. Vielmehr ist es die durch die Software erzwungene Festlegung von Entscheidungen: Wann und auf welche Art und Weise soll ein Prozess ablaufen.
Wie sind Sie bei der Analyse des „Reifegrads“ Ihres Unternehmens hinsichtlich der Digitalisierung vorgegangen?
Eine Analyse des früheren Ist-Zustandes in unserem Betrieb in Bezug auf die Digitalisierung hat es in klassischer Form nicht gegeben. Ich bin in einem Handwerksbetrieb groß geworden. Schon von klein auf wurde mir beigebracht, dass nur durch Anpacken etwas fertig wird. Aufgrund dessen habe ich einfach begonnen, digitale Lösungen zu entwickeln oder zu adaptieren.
Wichtig hierbei ist ein reger und enger Austausch mit meinem Team von Monteuren, Bauleitern und Büroangestellten. Neben mir sind es ja auch meist meine Mitarbeiter, die jeden Tag damit zu tun haben. Und nur durch dieses Feedback kann man seine „digitale Strategie“ finden.
Gab es hierbei externe Unterstützung durch Berater, IT-Dienstleister, andere? Wenn ja, in welcher Form?
Nein, das gab es nicht.
Wo und wie haben Sie sich das konkrete Wissen beschafft, um die Digitalisierung Ihres Unternehmens erfolgreich und gezielt vorantreiben zu können? Wie wurden die Mitarbeiter vorbereitet beziehungsweise geschult?
Das nötige Wissen habe ich mir über viele Jahre autodidaktisch angeeignet. Seine Mitarbeiter richtig abzuholen und darauf vorzubereiten ist ein wichtiger Punkt. Das ist auch ein entscheidender Ansatz in meiner Software-Entwicklung.
Software muss so einfach und intuitiv bedienbar sein, dass jeder sie sofort verstehen und benutzen kann. Dann ist es auch relativ einfach, neue Software an seine Mitarbeiter auszurollen. Kurze, mit dem Handy aufgenommene Erklär-Videos zeigen dann noch mal das eine oder andere kleine Detail.
Und ganz wichtig ist es, zu akzeptieren, dass etwas nie fertig oder perfekt ist, sondern es nur mithilfe des Feedbacks seiner Mitarbeiter und User immer wieder verbessert werden kann.
Software muss so einfach und intuitiv bedienbar sein, dass jeder sie sofort verstehen und benutzen kann. Dann ist es auch relativ einfach, neue Software an seine Mitarbeiter auszurollen.
Welche Geschäftsabläufe wurden zuerst digitalisiert und aus welchen Gründen?
Als Erstes – und das ist heute auch noch so – werden bei uns die Dinge digitalisiert, die viel Zeit und damit natürlich auch Geld kosten. Das Suchen von Dingen ist mit Sicherheit einer der teuersten „Zeitfresser“ in einem Betrieb. Diese nicht verrechenbare Zeit kostet jede Firma im Jahr viele Tausend Euros. Aus diesem Grund wurden unsere Bauakten schon vor mehreren Jahren digitalisiert und sind von überall abrufbar. Das Suchen solcher Akten gehört nun der Vergangenheit an.
Mit meiner jüngsten Entwicklung habe ich letztes Jahr unsere komplette Werkzeugverwaltung digitalisiert. Es hat keine zwei Wochen gedauert, und man hat schon spürbar erkannt, wie gut es ist, wenn man einfach auf dem Handy nachsehen kann, wer gerade das gesuchte Werkzeug hat.
Wie sind Sie hier vorgegangen? Welche Tools wurden neu eingeführt – und warum gerade diese?
Es wird unter anderem auf Apple iPhones und iPads für meine Mitarbeiter gesetzt. Gründe sind die Stabilität und Funktionalität dieser Geräte.
Was war die Motivation, eine eigene Anwendung für die digitale Verwaltung Ihres Werkzeugs zu entwickeln und zu programmieren?
Wie gesagt: Das Suchen von Werkzeug gehört zu den größten Zeitfressern in einem Handwerksbetrieb – gerade in werkzeugintensiveren Betrieben! Nimmt man beispielsweise nur eine Stunde pro Woche an, in der jeder Monteur im Lager sucht, seine Kollegen oder Chefs befragt oder eventuell sogar von der Baustelle in die Firma fährt, um ein Werkzeug zu suchen, das dann meistens gar nicht dort ist, wo man es vermutet. Das bringt erhebliche Kosten mit sich.
Diese eine Stunde pro Woche ist noch sehr optimistisch angesetzt, wenn man darüber nachdenkt, dass dies dann pro Tag nur etwas mehr als 10 Minuten sind. Schon bei 15 Monteuren mit einem durchschnittlichen Verrechnungssatz von 45 € (Azubi bis Kundendienstmonteur) sind das im Jahr über 35.000 €! Es steht außer Frage, dass so etwas in einem Handwerksbetrieb heutzutage nicht mehr fehlen darf.
Das Suchen von Werkzeug gehört zu den größten Zeitfressern in einem Handwerksbetrieb – gerade in werkzeugintensiveren Betrieben!
Wer hat Sie bei der konkreten Umsetzung wie unterstützt?
Niemand, denn es ist für einen Branchenfremden sehr schwer, von außen den Ablauf eines Handwerksbetriebs zu verstehen. Es handelt sich hier nicht um einen Industriebetrieb, sondern um das genaue Gegenteil. Deshalb hilft es mir aus meiner Sicht eben nur, selbst Schritt für Schritt die Lösung zu erarbeiten.
Wie funktioniert ihre digitale Werkzeugverwaltung genau?
Grundsätzlich ganz einfach. Es gibt eine App auf dem Smartphone. Mit dieser kann jeder das Werkzeug ein- und auslagern. Die App scannt einen Erkennungschip des Users und einen NFC-Chip auf dem Werkzeug, danach kann ausgewählt werden, ob das Werkzeug ausgelagert, eingelagert oder in Reparatur gebracht wird. Der Vorgang dauert bei flotten Nutzern pro Werkzeug ca. 7–10 Sekunden.
In der Webanwendung wird dann bei diesem Werkzeug angezeigt, wer das Gerät als Letztes genommen hat, somit kann man ohne Umwege direkt den passenden Kollegen kontaktieren. Zudem können Werkzeuge auch reserviert werden. Der aktuelle Nutzer bekommt dann automatisiert einen Tag vorab und am Reservierungstag eine SMS zugesendet, sodass er ebenfalls weiß, welcher seiner Kollegen das Werkzeug benötigt.
Die Tage, an denen ganze Suchaktionen stattfanden, um ein Werkzeug zu finden, das sich dann am Ende im Auto eines Monteurs befand, sind glücklicherweise vorbei. Das freut nicht nur uns in der Geschäftsleitung, sondern auch die Monteure selbst, da dieses Suchen immer eine sehr nervige und zeitraubende Angelegenheit war.