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Was müssen AusbilderInnen über neue Technologien im Handwerksunternehmen wissen?

Die Handwerksordnung erlaubt es Auszubildenden, ihr Berichtsheft handschriftlich ODER digital zu führen. In welcher Form das Berichtsheft vom „Azubi“ geführt wird, ist im Ausbildungsvertrag zu regeln. Ob die künftigen MitarbeiterInnen gut oder schlecht mit digitalen Werkzeugen arbeiten, hängt ganz davon ab, wie sie in ihrer Digitalkompetenz geschult werden. Mit dem digitalen Berichtsheft vom ersten Tag sollte der Einstieg in die digitale Welt des modernen Handwerks erfolgen. Die Auszubildenden sollten immer auch auf der Höhe der Zeit und der technologischen Entwicklung des Unternehmens und der Branche sein.

Das gilt nicht nur für rein fachliche Themen, sondern auch für Digitales. Seminare, Schulungen und Workshops sind optimal, um sie auf den neuesten Stand zu bringen. Diesen Anspruch sollten selbstverständlich auch die innerbetrieblichen Ausbilder erfüllen. Schließlich sind sie die Vorbilder, die prägenden Einfluss auf die Arbeitskultur der nächsten Generation von Gesellen, Meistern und Unternehmern haben.

Unternehmer sehen Bedarf an digitaler Ausbildung

Dirk Stefen ist gelernter Bauzeichner und diplomierter Bauingenieur. Mit über 30-jähriger Berufserfahrung im Handwerk und als Gründer der myCraftnote Digital GmbH ist er ganz nah am Handwerk. Im Blog seiner Unternehmenswebsite wird das Thema der Digitalisierung in der Handwerksausbildung und die damit zusammenhängenden Chancen aufgegriffen. Aus dieser Sicht ist Digitalisierung in der Handwerksausbildung die Basis für den Handwerker der Zukunft.

Hier spielt die Berufsschule bereits eine wichtige Rolle. Dabei geht es nicht um digitale Detailabläufe aus dem Tagesgeschäft, sondern um Grundlegendes. Beispiel: Per Augmented Reality (AR) bekommen die Auszubildenden Einblick in komplexe Spezialmaschinen ihres Gewerks. So lassen sich Abläufe wesentlich anschaulicher erklären als anhand von Zeichnungen.

Auch Online-Kurse vermitteln – durch die Möglichkeit, jederzeit virtuelle Gruppen zu bilden – den Auszubildenden erweiterte Blickwinkel auf Aufgabenstellungen und das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen. Neu und wesentlich ist dabei natürlich nicht das „Online-Sein“, sondern die produktive Nutzung digitaler Werkzeuge und das Internet als Medium für den Erwerb von Wissen und Fertigkeiten.

Digital-kompetente Ausbildung macht Handwerk attraktiv

Als Beispiel wird die Möglichkeit genannt, im Schweißkurs auf digitale Werkzeuge statt auf eine reale (und teure) Schweißausrüstung zurückzugreifen. Hier können Auszubildende mithilfe von Virtual Reality (VR) und AR jederzeit und ohne Verletzungsgefahr Basisfertigkeiten üben und probieren.

Oder: Auszubildende in der Energie- und Gebäudetechnik müssen sich mit Themen wie Smart Home, Smart Grid, Predictive Maintenance und Fernwartung befassen. Diese Gebiete entwickeln sich rasant weiter. Hier sind also nicht nur die Auszubildenden selbst, sondern selbstverständlich auch die Ausbilder und ausgelernten Fachhandwerker in den Betrieben gefordert, sich auf dem Laufenden zu halten.

Unternehmer und Ausbilder, aber auch alle im Tagesgeschäft arbeitenden Fachkräfte sollten die Digitalisierung also auch im Hinblick auf die Ausbildung des Nachwuchses in der Handwerksausbildung mit all ihren Facetten aktiv im Blick haben und sich im Sinne des lebenslangen Lernens in dieser Disziplin „fit“ halten.

Pilotprojekt: Digitale Ausbildungsinhalte für das Handwerk

Im September 2021 startete in der Handwerkskammer der Pfalz das Projekt „Medienpädagoge“. Hier unterstützt Expertin Laura Donauer die Ausbilderinnen und Ausbilder in der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung bei der Bereitstellung innovativer digitaler Lerninhalte, denn die Ausbildung erfordert zunehmend digitale Lehr- und Lernangebote.

„Als Medienpädagogin unterstütze ich unsere Ausbilderinnen und Ausbilder bei der Entwicklung neuer digitaler Unterrichtskonzepte. Dazu biete ich Schulungen für das Ausbildungspersonal an, um deren mediendidaktische Kompetenzen zu fördern und ihnen Hilfsmittel an die Hand zu geben. So können die Ausbilder selbst digitale Bildungsangebote erstellen“, so Laura Donauer.

In den Schulungen für die Ausbilder geht es um Didaktik, aber auch um Fertigkeiten im Umgang mit technischen Anwendungen. Die Teilnehmer bekommen zum Beispiel praktisch gezeigt, wie Lehrinhalte mit und für Augmented Reality (AR) oder Virtual Reality (VR) erstellt werden.

Zum Einsatz kommen Konferenztools. Vermittelt wird beispielsweise Grundlagenwissen zur Erstellung von Erklär-, Anleitungs- und Übungsvideos. Also: Was macht ein gutes Unterrichtsvideo aus? Wie knüpfe ich am besten an das Vorwissen der Auszubildenden an? Was ist die optimale Länge eines Videos? Wie kann ein Video attraktiv gestaltet werden? Aber auch Sicherheitsaspekte wie Datenschutz spielen heute eine wichtige Rolle in der Ausbildung im Handwerk.

Digitale Ausrüstung inklusive

Für die Erstellung der digitalen Inhalte stehen den Ausbildern zwei Medienkoffer mit modernem technischem Equipment zur Verfügung, mit dem sie selbstständig digitale Inhalte produzieren können. Zusätzlich will die Handwerkskammer ein mobiles 3-D-Filmstudio mit 3-D-Scanner einrichten, mit dem professionelle Videoclips gedreht werden können.

Digitales Wissen wird in die Betriebe getragen

Die Ausbilder – und mit ihnen die Betriebe – profitieren direkt, aber auch auf lange Sicht von den medienpädagogischen Schulungen. Sie können die Schulungsinhalte in angepasster Form an die Lehrlinge weitergeben. Diese tragen das Wissen dann in die Ausbildungsbetriebe hinein. Auch unterschiedliche Ausbildungsstände können durch digitale Lerninhalte und selbstgesteuertes Lernen besser ausgeglichen werden.

Rita Petry, für den Bereich Berufsbildung zuständige Geschäftsführerin der Handwerkskammer der Pfalz, sagt dazu: „Der Einsatz unserer Medienpädagogin Laura Donauer hilft uns dabei, didaktische Konzepte für optimales digitales Lernen zu entwickeln und umzusetzen. Denn nur durch eine sinnvolle Kombination aus Präsenz- und Online-Inhalten können wir die Azubis noch besser während der Ausbildung unterstützen und begleiten und somit langfristig den Nachwuchs im Handwerk sichern.“

Künftig können die digitalen Lerneinheiten, die in den Berufsbildungs- und Technologiezentren in der Pfalz entwickelt werden, auch weiteren Berufsbildungszentren der Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellt werden.

Foto: © metamorworks / stock.adobe.com

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