Chatbots und Sprachassistenten

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Symbolbild Chatbot

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Lernfähige Softwarelösungen wie Chatbots und Sprachassistenten gehören zu den digitalen Assistenzsystemen. Sie sind im Prinzip Roboter und können im handwerklichen Arbeitsalltag verschiedene Aufgaben unterschiedlicher Komplexität übernehmen. Wohin die Reise gehen kann, sieht man beim KI-basierten System ChatGPT des Herstellers OpenAI.

Unternehmer:innen und Ihre Mitarbeiter:innen werden durch solche Werkzeuge von Routinen entlastet. Sie gewinnen so wertvolle Zeit für das Tagesgeschäft und die qualifizierte persönliche Betreuung der Kunden. Betriebliche Abläufe werden beschleunigt, die (digitale) Dokumentation läuft automatisiert und (menschliche) Fehler werden vermieden.

 

Chatbot für Kundendienst und Kommunikation nutzen!

Chatbots kennen Sie alle: Telefon- und Websitekontakte mit Ihren Großhändlern oder anderen Webshops beginnen oft mit der automatisierten Abfrage von Informationen zu Ihnen und Ihrem Anliegen. Diese geben Sie in einem Chat-Textfeld, ähnlich wie bei der Kommunikation mit einem Messenger, als freien Text per Desktop- oder Smartphone-Tastatur ein.

Solche Systeme können Ihnen auch in Ihrem Betrieb Vorteile verschaffen, beispielsweise als intelligenter Anrufbeantworter, als speziell trainierter „Problemlöser“ für einfache Kundenanfragen, die sich damit von selbst erledigen, oder auch als Werkzeug für die automatische Vergabe von Wartungsterminen.

Wenn es für „Ihren“ Chatbot zu kompliziert wird, kann er seinen menschlichen Gesprächspartner immer noch direkt an Sie oder an eine Ihrer Mitarbeiter:innen „übergeben“ bzw. eine Kontaktaufnahme durch Rückruf oder per E-Mail anbieten.

Alle wesentlichen Informationen liegen dann schon vor und müssen nicht noch einmal abgefragt werden. Ihre Kund:innen habe das gute Gefühl, dass sie es mit einem kompetenten und gut organisierten Betrieb zu tun haben, in dem man sich um sie kümmert.

 

Chatbot – der Einsatz will geplant sein!

Bevor Sie sich für den Einsatz eines Chatbots entscheiden, sollten Sie analysieren, wo die konkreten Schmerzpunkte in Ihrem Betrieb liegen, bei denen der Einsatz eines Chatbots Abhilfe schaffen könnte.

Fragen Sie sich:

  • In welchen Bereichen sollen Kapazitäten für andere Aufgaben freiwerden?
    Zum Beispiel im Büro, um dem Chef „Luft“ für die Planung von Kundenprojekten zu verschaffen, in der Auftragsannahme, um Antwortzeiten für Kunden zu verkürzen bzw. Warteschleifen zu vermeiden, etc.

  • Welche Aufgaben soll der Chatbot übernehmen?
    Beispiele sind hier die Abfrage von Kundendaten, die Vergabe von Reparatur- und Wartungsterminen, die eigenständige automatisierte Beantwortung einfacher Kundenfragen, die Aufzeichnung und Weiterleitung komplexerer Kundenanfragen nach Dringlichkeit etc.

Ganz wichtig: Sämtliche Anliegen, für die Ihre Kunden den persönlichen Kontakt schätzen, sollten vom Chatbot immer an das Team zur persönlichen Erledigung übergeben werden. Dafür gilt es, die Software so einzurichten, dass sie die jeweils relevanten Stichwörter identifizieren und dann entsprechend reagieren kann.

 

Chatbot – Auswahl und Kosten

Welche Chatbot-Softwarelösung(en) für Ihren Betrieb sinnvoll ist (sind), sollten Sie – abhängig vom Einsatzbereich – mit Ihrem IT-Dienstleister bzw. Branchensoftwareanbieter klären.

Hier geht es beispielsweise um folgende Fragen:

  • Sind die bei Ihnen bereits genutzten Software-Produkte bereits mit Schnittstellen für den Zugriff auf und den Austausch von Daten mit infrage kommenden Chatbot-Programmen ausgestattet?

  • Welche Soft- und Hardware wird benötigt, um einen Chatbot sinnvoll in Ihre Systeme zu integrieren?

  • Wer richtet den Chatbot so ein, dass er speziell die in Ihrem Unternehmen anfallenden bzw. von Ihnen gewünschten Aufgaben fehlerfrei bewältigen kann?

  • Wer ist der Ansprechpartner, wenn es Fragen oder Probleme gibt?

  • Welche Nutzungsverträge bietet der Chatbot-Markt und welcher Return on Investment ist zu erwarten?

  • Welche Kosten kommen zusätzlich zur Gebühr für die Softwarenutzung auf Ihren Betrieb zu, beispielsweise durch die zusätzliche Anschaffung und Einrichtung oder die Änderung von vorhandenen IT-Systemen?

 

Chatbot – Ihre Vorteile auf einen Blick

Mit einem Chatbot können Sie sich und Ihre MitarbeiterInnen entlasten. Sie automatisieren Routineabläufe in der Kommunikation und sparen somit Personalzeit. Wenn Sie vor den persönlichen Kontakt einen Chatbot schalten, können Sie Standarddaten und Basisinformationen zur Anfrage von Kunden bzw. Anrufern vorab abfragen und mit Ihren Kundenstammdaten abgleichen. Der Sachbearbeiter weiß dann bei komplexeren, weitergeleiteten Anfragen, die der Chatbot nicht „bearbeiten“ kann, schon das Wichtigste.

Auch die Vergabe von Terminen kann an einen Chatbot ausgelagert werden. Die wertvolle Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter:innen wird so von unnötigen Telefongesprächen „entschlackt“ und sie können sich auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren.

Das gilt auch dann, wenn Sie einen Chatbot lediglich als Anrufbeantworter nutzen wollen – beispielsweise, wenn das Büro unbesetzt und eine Anrufumleitung unerwünscht ist, weil Sie bzw. Ihr Team sich gerade auf einer Baustelle oder in einem Kundentermin befinden und nicht gestört werden sollen.

 

Sprachassistent – Reden statt Tippen

Sind Sie sich der Suchgewohnheiten Ihrer Kunden im Internet bewusst? Heute ziehen viele Menschen digitale, KI-gestützte Sprachassistenten wie Siri von AppleAlexa von AmazonBixby von SamsungCortana von Microsoft oder den Google Assistant dem mühsamen und fehlerbehafteten Eintippen von Suchbegriffen vor.

Sie sollten als Handwerksunternehmer den Internetauftritt Ihres Betriebs spätestens jetzt an diese Anforderungen anpassen, um von Interessenten und Kunden im Internet gefunden zu werden.

 

Internetauftritt und Sprachassistent

Wer mit der Tastatur sucht, versucht, möglichst wenig zu tippen. Kurze (und dennoch sinnvolle) Internet-Adressen waren deshalb lange sehr beliebt und sind in der Folge schon lange knapp. Lange Internetadressen sind aber für Sprachassistenten kein Problem.

Im Gegenteil: Wenn Sie für Ihr Unternehmen Webadressen registrieren, die Ihr Unternehmen beschreiben (z. B. enthält heizungsbaustrack.hamburg Branche, Name und Ort), wächst die Chance, dass Sie über eine Sprachabfrage auch lokal einfach gefunden werden. Wenn Sie von dort auf Ihre aktuelle URL umleiten, machen Sie Interessenten und Kunden glücklich, die Sie beispielsweise mit der Google-Sprachsuche gesucht haben.

Wichtig für den Erfolg der sprachgesteuerten Suche ist die Eindeutigkeit der Abfrage. Vermeiden Sie also Dialektformen oder ungewöhnliche Wörter im Domainnamen. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Sie alles, was von Sprachassistenten im Zusammenhang mit Ihrem Betrieb im Internet gefunden werden soll, selbst per Sprachabfrage testen und auch Freunde, Verwandte oder Kollegen fragen, ob Sie dies für Sie tun können.

Wenn Sie dann noch kundenrelevantes Fachwissen auf Ihrer Website abbilden, das Antworten auf typische Kundenfragen gibt, steigern Sie Ihre Chancen, über die Sprachsuche gefunden zu werden und in den Suchergebnissen „on top“ zu landen, nochmals deutlich. Wenn Sie beispielsweise auf Ihrer Website in einem FAQ-Text erklären, wie eine Heizung richtig entlüftet wird, hilft das. Ziel ist es, der Suchmaschine bzw. dem Sprachassistenten die Suche möglichst leicht zu machen.

 

Sprachassistenten als Helfer im Handwerk

Sprachassistenten sind Betrieben aus dem Bereich Sanitär- und Klimatechnik längst bekannt. Die Fernsteuerung der Raumtemperatur und anderer Funktionen im Smarthome via Sprachbefehl gehört zum technischen Standard. Wie aber ist es mit sprachlichen Eingaben und Abfragen der Fachhandwerker in ihrem Arbeitsalltag? Beispielsweise, um sich auf der Fahrt zum „Einsatzort“ bereits im Montagefahrzug mit Informationen über die anstehenden Aufgaben informieren zu lassen?

Die sprachliche Abfrage über das Smartphone kann in diesem Fall durch Umgebungsgeräusche während der Fahrt schwierig sein und zu vergeblichen oder fehlerhaften Abfragen bzw. Ergebnissen führen. Genau so steht es um die Spracheingabe von exakten Daten wie Arbeitszeiten, Produktnummern, Arbeitspositionen etc.

Neben Umwelteinflüssen wie Motoren- und Baustellenlärm, Windgeräuschen usw. kommen auch die Sprechgewohnheiten von uns Menschen ins Spiel. Sprechen wir deutlich genug, um von den mittlerweile zugegebenermaßen erstaunlich guten Spracherkennungssystemen „verstanden“ zu werden? Erkennt der digitale Sprachassistent Dialekte? Und wie kann die Richtigkeit der sprachlichen Eingabe überprüft werden, wenn der Eingebende gerade etwas ganz anderes tut?

 

Praktische Herausforderungen für Sprachassistenten

Die Feil, Feil & Feil GmbH im baden-württembergischen Ludwigsburg entwickelt digitale Lösungen für große Handwerksunternehmen und für Unternehmen, die Gebäude erstellen, betreiben und verwalten. Themen sind u. a. Aufmaße, Rapporte, Projektplanung, Tourenplanung und Baustellendokumentation.

Um die Technologie „Sprachassistent“ im Handwerk auf Praxisrelevanz zu überprüfen, hat das Unternehmen mit dem Berliner Start-up Aaron.ai ein KI-Pilotprojekt zum Thema Sprachassistenten im Handwerk gestartet.

Hintergrund ist die Annahme, dass Menschen lieber sprechen und hören, als Daten einzutippen. Dafür werden im Pilotprojekt Anwendungsszenarien entwickelt und umgesetzt. Eine Erkenntnis ist, dass es gerade bei komplexen Abfragen technische Anforderungen gibt, die noch nicht lückenlos funktionieren. Dazu gehört beispielsweise eine ununterbrochene stabile mobile Internetverbindung während der Fahrt oder auf Baustellen.

Einfache Abfragen und Informationen können vom digitalen Sprachassistenten hingegen via Smartphone angenommen und verarbeitet werden. Bis zur vollständigen verlässlichen Sprachsteuerung Ihrer Branchensoftware oder Buchhaltung unter „handwerklichen“ Alltagsbedingungen wird es also noch einiges an technischem Fortschritt brauchen.

Ein weiteres Pilotprojekt ist Pika, eine Demo des Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrums Lingen. Es zeigt, wie Sprachassistenten funktionieren, wie sie eingesetzt werden können und was sich dahinter verbirgt. Der Demonstrator wird von Sensoren mittels Sprachbefehlen gesteuert.

Das Projekt soll demonstrieren, wie Sprachassistenten in allen Branchen die Produktion, einfache Bürotätigkeiten, handwerkliche Arbeitsprozesse oder die Kundenkommunikation unterstützen können. Beispielsweise im Handwerk, um Maschinen oder Anlagen zu steuern oder Abfragen von technischen Informationen zu starten, während der Fachhandwerker ein Werkzeug benutzt und keine Hand für manuelle Eingaben frei hat. In Kombination mit anderen digitalen Systemen wie VR- oder AR-Brillen tun sich hier spannende digitale Welten auf.

 

Fazit

Während Chatbots auf serviceorientierten Websites und Sprachsysteme zur Steuerung von Smarthome, Fahrzeugen etc. sowie die Sprachsuche nach Informationen zum Standard der digitalen Kundenwelt gehören, sind Sprachassistenten für den fachspezifischen Einsatz im Arbeitsalltag von kleineren Handwerksbetrieben – zum Beispiel in der Arbeit von Reparaturteams oder in der Baustellendokumentation – aus den oben beschriebenen Gründen vielfach noch in den Bereich „Zukunftstechnologie“ anzusiedeln.

Sie können aber schon jetzt etwas tun, um bereit zu sein, sobald sich die Technologie flächendeckend – beispielsweise in Kombination mit Branchensoftware für Handwerksbetriebe – durchsetzt: Achten Sie auf die Medienkompetenz in Ihrem Team. Üben Sie den Einsatz der in Ihren Smartphones verfügbaren Sprachassistenten in der täglichen Arbeit. Lernen Sie, wie Sie Spracheingaben sinnvoll formulieren, um ein möglichst gutes Ergebnis zu bekommen. Nicht zuletzt macht es Sinn, sich im Rahmen der Verbreitung von Smarthome-Anwendungen mit allen in diesem Bereich gängigen Systemen und ihren unterschiedlichen „Fähigkeiten“ und Eigenschaften vertraut zu machen. Gewöhnen Sie sich und Ihre MitarbeiterInnen an den Gedanken, dass Sie eines Tages mit einem Software-Roboter auch über Ihre akuten fachspezifischen Themen sprechen können – wie mit einem Kollegen.

 

(Erstveröffentlichung: forum handwerk digital, 01/2023)